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Biber in Bleckede: Spagat zwischen Naturschutz und Wasserwirtschaft

Gemeinsam Perspektiven rund um den Biber erarbeiten und Wege finden – das war der Anlass hinter dem Treffen im Bleckeder Bürgerhaus. Auf Einladung von Landrat Jens Böther trafen sich gestern (Montag, 21. Februar 2022) Vertreter des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue, des Wasserverbandes der Ilmenau-Niederung, der Landwirtschaft, der Stadt Bleckede sowie des Landkreises Lüneburg, um künftig schnellere und trotzdem gute Lösungen zu finden – entsprechend groß war die Gesprächsbereitschaft. Der Bürgermeister der Stadt Bleckede, Dennis Neumann, bedankte sich für den konstruktiven Austausch und das gute Gespräch: „Wir wollen keinen Aktionismus, sondern mit Sinn und Verstand gemeinsam kurz- und langfristige Maßnahmen ergreifen.“

Etwa 400 bis 450 Biber leben derzeit im gesamten Gebiet des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue. Im Landkreis gibt es in der Bruchwetter in Bleckede seit Mai 2020 sowie im Radengraben jeweils einen Biberdamm, der den Abfluss derzeit behindert. In der Bruchwetter wurden bereits zwei Bibertäuscher eingebaut, die den Wasserstand regulieren sollen. Im Radengraben wurde die Höhe des Biberdamms bereits reduziert. Ob dort ein oder zwei Bibertäuscher eingesetzt werden, wird nun geprüft. „Der Biber ist eine streng geschützte Art. Dennoch gibt es Ausnahmen, wenn wirtschaftliche Schäden entstehen“, erläutert Stefan Bartscht, der Leiter des Fachdienstes Umwelt des Landkreises. „Artenschutz als auch die wirtschaftlichen Interessen müssen sehr gut abgewogen werden.“ Die Biosphärenreservatsverwaltung unter der Leitung von Dirk Janzen plant derzeit einen moderierten Austausch mit allen Beteiligten für einen regionalen Handlungsleitfaden. Gleichzeitig arbeitet das Land Niedersachsen an einem Konzept im Umgang mit dem Biber.

Diesen Ansatz begrüßt Landrat Jens Böther: „Das ist ein Präzedenzfall aus dem wir alle lernen. Dass die Entwässerung notwendig ist, bestreitet niemand. Unser Apell geht an das Land Niedersachsen – im deutschlandweiten Ländervergleich gibt es Nachholbedarf, was ein Biber-Management betrifft.“ Alle Gesprächsteilnehmer versprachen weiterhin eng in Kontakt zu bleiben, um das weitere Handeln abzustimmen und Leitfäden für die zukünftige Arbeit zu erarbeiten.

Hintergrund
Seit Mai 2020 hat sich der Biber im Hauptkanal Bruchwetter einen Damm gebaut. Im Februar 2021 wurde dieser widerrechtlich entfernt. Im November 2021 wurde ein erstes Drainagerohr gelegt, im Februar 2022 wurde ein zweites Rohr gelegt, der Damm wurde in der Höhe reduziert. Dieser Teilabtrag soll den Wasserrückstau weiter beseitigen und eine Bewässerung regulieren. Einen weiteren Damm gibt es im Radengraben. Hier wurde der Biberdamm reduziert. Derzeit ist von der Staunässe das Stadtgebiet Bleckede und der Ortsteil Karze betroffen.

Zitate:
Jens Böther, Landrat des Landkreises Lüneburg
„Uns geht es aber auch darum, zu sagen, dass wir in Niedersachsen ein Bibermanagement brauchen. Die Lage betrifft ja nicht nur die Elbe und ihre Nebenflüsse, sondern auch andere Regionen in Niedersachsen. Im konkreten Fall haben wir einen teilweisetigen Rückbau zugelassen. Wir regulieren den Wasserfluss mit Bibertäuschern und der Eingang zum Bau bleibt dennoch unter Wasser. Ob das ausreicht, müssen wir nun sehen. Wenn nicht, müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Auch die Landwirtschaft hat ihren Standpunkt heute sehr deutlich gemacht, das war sehr wichtig. Insgesamt haben wir einen hohen Elbe-Wasserstand, Qualmwasser drückt rein und wir haben starke Niederschläge gehabt, das kommt gerade alles zusammen. Das zeigt aber auch, dass das Thema der Entwässerung der Elbmarsch unbestritten ist.“

Dirk Janzen, Biosphärenreservatsverwaltung
„Der Biber wandert nun in die Seitengewässer der Elbe. Handlungen auf Landesebene sind angedacht, das steckt aber noch in den ersten Ansätzen. Wir dürfen die Akzeptanz der Bevölkerung nicht gefährden.
Wir versuchen nun diesen Spagat, der Biber ist ein Sympathieträger und als Maskottchen unserer Region positiv besetzt, das soll nicht kippen.“

Silke Müller-Lange, Wasserverband der Ilmenau-Niederung
„Gerade jetzt nach dem Starkregen zeigt sich, wie wichtig unsere Arbeit ist. Es gab 2021 viele Ortstermine und 2022 noch nicht einen einzigen Arbeitstag ohne den Biber. Das ist eine sportliche Herausforderung für unser Personal. Wir bleiben bei unserem Antrag, dass wir den Damm abtragen und somit entfernen lassen wollen.“

Stefan Bartscht, Landkreis Lüneburg, Fachdienstleiter Umwelt
„Der Biber ist eine streng geschützte Art. Wir haben uns nun an die Situation herangetastet, um das Mittel der Wahl zu finden. Wir müssen pragmatisch vorgehen und auch langfristig handeln. Der Wasserverband wird nun schauen, ob die vorgenommene Reduzierung des Dammes wirkt und der Wasserstand sinkt. Insgesamt haben wir derzeit natürlich sehr viel Wasser in der Gegend und müssen schauen, ob das Wasser überhaupt abfließen kann. Dann wird man entscheiden, ob man erneut einen Bibertäuscher einbauen wird. Der vorherige wurde entfernt, um den Wasserabfluss wieder sicherzustellen, weil der Damm reduziert wurde. Wenn wir dann feststellen, dass das alles nicht ausreicht, dann müssen wir entscheiden, ob der Damm ganz entfernt werden muss.“

Johannes Heuer, Bauernverband
„Wir brauchen ganz klare Zuständigkeiten und Prioritäten. Jetzt drückt auch noch das Qualmwasser, und der Wasserpegel steigt. Die Biberdämme stauen so stark, die Drainage läuft nicht mehr ab und die Düngesaison steht vor der Tür. Ich denke auch an die Deichsicherheit. Betroffen sind Siedlungsbereiche und landwirtschaftliche Flächen.“

Quelle: Pressemitteilung des Landkreises Lüneburg - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - vom 22. Februar 2022